Mai 1998

Hermann J. Kassel: Skulpturen, Installationen



Der Kunstverein Heinsberg eröffnete am Sonntag, 7. Juni 1998 um 11.30 Uhr eine Ausstellung mit Arbeiten von Hermann J Kassel. Die Ausstellung konnte bis zum 5. Juli, sonntags bis dienstags von 11 bis 13 Uhr und von 15 bis 18 Uhr sowie donnerstags von 15 bis 18 Uhr in den Ausstellunsgräumen, Horster Hof in Unterbruch, besichtigt werden.
Multiple "Stapelscheit", 51 tlg., 1998 Betonstahl 8 mm, 1998



Das Multiple "Stapelscheit" ist Teil der Ausstellung im Kunstverein Region Heinsberg und am Eröffnungstag zum einzigen Mal als Ganzes zu sehen.

Während der Ausstellungsdauer wird das Multiple demontiert. Teilnehmer der "Vereinsedition" können/sollen ihren Teil des Kunstwerks zum vereinbarten Preis mitnehmen.
Für andere Kunstinteressierte stehen aussnahmsweise noch 21 Exemplare zum Preis von 200,- DM zur Verfügung.

"Stapelscheit" ist somit eine Arbeit in

permanenter Veränderung, jedes Bestandteil trägt die Information des Ganzen, das nur für eine bestimmte Zeitdauer sichtbar ist.

Naum Gabo, der Bildhauer und Objektkünstler, formulierte 1937: ,,die Entwicklung einer Plastik wird durch ihr Material bestimmt. Das Material bildet die emotionale Grundlage einer Plastik, es gibt ihr den Grundakzent und bestimmt die Grenze ihrer ästhetischen Wirkung".

Hermann J Kassel ist ein Bildhauer, der schon die verschiedensten Materialien benutzt hat, von Gummi, Leinwänden, Holz in Form von Baumstümpfen, Erde, Glas und Stahl.

So konnte man 1992 in seiner Installation "Der

Weg des Bumerang" in Gruga Park den imaginären Weg eines bumerangförmigen ausgeschnittenen Rasenstücks über die große Tunnelwiese und in den Ausstellungspavillon mit Hilfe von Sehrohren aus geschweißten Vierkantrohren und eingebauter Spiegeloptik verfolgen. Naturprozesse und Bewegung wurden so auf poetische Weise zu einer Aktionsinstallation verbunden, denn nur der Betrachter, der die Wanderung zu den an verschiedenen Orten aufgestellten Sehrohren aufnahm, konnte sich ein Bild vom ,,Der Weg des Bumerang" machen.

Extreme Materialien verbindet er auch in den sogenannten Erdarbeiten, die hier in Heinsberg in Form von Bildobjekten und einem Tisch zu sehen sind. Zwischen zwei Glasplatten, die ihre
Verbindung durch einem massiven Stahlrahmen finden, ist Waldboden eingebracht. Stahl, Glas und Erde, -Technik und Natur- werden in einem Bildobjekt zu einer Einheit ??? vereint. Aber ist das eigentlich möglich?? Im einem Objektviereck Erde , also Natur, einsperren?? Bis zu diesem Augenblick hat die Natur, den vom Bildhauer gesetzten Rahmen, noch nicht gesprengt, doch in diesem abgegrenzten Viereck werden Prozesse freigesetzt, die sich dem Ordnungssystem des Künstlers widersetzen: ein ständig wechselndes Bild entsteht je nach Temperatur- und Lichteinwirkung. Bei diesem Arbeiten müssen wir jedoch von zwei Grundtypen unterscheiden: während Hermann J Kassel in seinen ersten Erdarbeiten als,,Füllmaterial" nur den Waldboden benutzt hat, verwendete er in
den Neueren Erde, die er zuvor in Leinwand, die teilweise bemalt wurde, gepackt hat. Hier offenbart der Naturprozeß noch eine weitere Spielart, neben der permanenten Veränderung, In einer ersten Phase verändert die eingebrachte Erde das, vom Künstler erstellte Bild, in einer zweiten Phase durchbricht die Natur / Erde die in den Glaskasten eingebrachte Leinwand und dann ----- !???? Also lösen die Naturprozesse in Bild eine permanente Bewegung im übertragenen Sinne aus.

In den Grünanlagen von Schloß Berge in Gelsenkirchen Buer sind Jahr für Jahr standunsichere, also kranke verkehrsgefährdende, Bäume zum Abholzen vorgesehen und geben Künstlern die Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit dem
Thema Kunst und Natur, Vergänglichkeit, Verfall und zyklischem Leben. 1997 ließ Herman J Kassel die Baum - Dome entstehen. Die Basis seiner Arbeit war der natürliche Pappelstamm, der auf 2,50m Höhe abgesägt wurde, aber mit dem Wurzelwerk noch mit dem Erdboden verankert ist. Hieraus ließ Hermann J Kassel einen engen Kreis aus über 40 schmalen Betonstahlstäben wachsen. Unten eng an den Stamm geschmiegt, ragen sie bis zu sieben Metern hoch in die Luft, wo sie frei schwingen können und Töne erzeugen . Das Klangelement, das durch die Lufizirkulation und starke Winde in seiner Intensität beeinflußt wird, war Teil der Arbeit. So entsteht ein neues Ganzes, das nur durch die Verbindung von Kunst und Natur- den Blick und die Hand des Künstlers entstehen konnte.
Auch die "Bäume" hier im Heinsberger Kunstverein, die " nur dem sonst versteckten" Betonstahl, und das ist ein besonderer Aspekt der Materialwahl, entstanden sind, zeigen dennoch diese Prozesse. Im Verlauf des Schweißen sind durch die Hand des Künstlers Verformungen entstanden die trotz des Materials nur die Natur in den Blickpunkt des Betrachters ziehen. Ebenso sind auch in diesen standfesten Beispielen kinetische und akkustische Anteile präsent.

,,auf jedem fall bewegung" hieß eine Ausstellung von Hermann J Kassel 1989 und diese Thema ist in seinen Spielarten ( Energie, Transformation, Kinetik, Akustik) nach vor Zentrum seiner Arbeit.:

Die Installation des Multiples,,Stapelscheit", 51 tlg. , 1998, Betonstahl Durchmesser 8mm

Jedes Teil ist individuell und dennoch Teil des Ganzen. Bewegung und Veränderung vollzieht bei dieser Arbeit, wenn sie liebe Besucher, sich Ihren Teil des Gesamtkunstwerkes mitnehmen, und so über die Dauer der Ausstellung eine permanente Veränderung stattfinden kann. Voraussetzung dieser Aktion ist die Bezahlung. Die Teilnehmer unsere Vereinsedition kennen den Preis und erhalten vom Künstler ein Zertifikat mit der entsprechenden zugeteilten Nummer, alle gelangen in den Besitz eines Teil des Stapelscheits, wenn sie 200 DM bezahlen.

Nur Bewegung bringt uns weiter, also, wie ist es ???>

7.6.98
es gilt das gesprochene Wort.
G.G.Teuteberg