UWE PIPER
FOTOGRAFIE
"AMBIVALENT"
 22 08 > 12 09 2021

Zur Ausstellungseröffnung und zum SOMMERFEST am Sonntag, den 22. August 2021, um 11.30 Uhr laden wir Sie und Ihre Freunde herzlich ein.

Der Künstler ist anwesend. Es erscheint eine Edition und ein Katalog.

Öffnungszeiten: Sonntag 11–17 Uhr, Samstag 15–18 Uhr, und nach Vereinbarung.
Unter Einhaltung der geltenden Corona-Schutzmaßnahmen.

VITA
1941 in Eutin/Schleswig Holstein geboren
1983-86 Gründung und Betreibung der „Kleinen Fotogalerie“ Heinsberg

1986

Mitgründung des „Kunstverein Region Heinsberg“ aus der Heinsberger Fotogalerie
1984-95 Mitglied des niederländischen Fotografen-Kollektivs „Fotogroep 68“
  Lebt und arbeitet in Heinsberg


 



In der Ausstellung „ambivalent“ im Kunstverein Heinsberg nimmt uns Uwe Piper zu einem Schaufensterbummel mit. Man mag es kaum für möglich halten, dass diese Fotografien Schaufensterdekorationen entnommen sind. Romantisch, provokativ, sinnlich und voller Rätsel und ungewöhnlich surreal kommen sie daher.
Viele dieser Aufnahmen sind in Belgien entstanden - Magritte und Ensor lassen grüßen! So unterschiedliche Narrative verbergen sich in diesen Bildern, die nur bei ausgiebiger Betrachtung ihre ganze erzählerische Fülle entfalten.
Was macht die Christusfigur neben der Abbildung eines Kampfflugzeuges? Beklemmend wird die Situation, wenn wir die Figur genauer ansehen. Das Unterkleid, das die Kennzeichen der amerikanischen Flagge trägt, wird stellenweise überdeckt von einem tarnfarbigen Gewand. Die erhobene segnende Hand hält den Abzug einer Handgranate, die in der zur Faust geballten anderen Hand verborgen ist.
Oder was machen die Libellenlarven an einem Tisch vereint, die in Szene gesetzt sind wie das berühmte Abendmahlbild Leonardo da Vincis? Die archaischen, bedrohlich aussehenden Larven sind in diesem Stadium an Erde und Wasser gebunden. Erst nach ihrer Verwandlung steigen die Nymphen als wunderschöne Insekten in den Himmel auf.

                                                                     

 



Die große Installation, einem Triptychon gleich, in der eine farbige Komposition von zwei schwarz-weiß Bildern flankiert wird, thematisiert die ewig gleiche Frage der menschlichen Existenz.
Der Ausschnitt eines unscharf dargestellten Aktes wird stellenweise von einer horizontal gegliederten Jalousie verdeckt. Daneben, auf schwarzem Grund, schwebt frei eine strukturierte Feder. Ein poetisches Ensemble dessen Bildsujet in seiner Unschärfe, Weichheit, aber auch Härte, Erinnerungen an Lebens- situationen aufkommen lassen.
Eine düstere Grundstimmung geht von der zweiten unbunten Darstellung aus, die einer Filmsequenz entnommen zu sein scheint, und die zeitliche Begrenzung des Lebens auslotet. Sieht der sich spiegelnde junge Mann in dem daneben-stehenden Skelett seinen Tod voraus, oder lässt ihm die Tür auf der anderen Seite noch einen Ausweg offen?
Das Mittelstück des Triptychons mit seiner reduzierten Farbpalette gewinnt zunächst durch die Farbigkeit seiner warmen Ocker-und Goldtöne. Aber stellen nicht der verpackte Engel und die abstrahierten, sich auflösenden menschliche Figuren jede Form des Glaubens in Frage? Ein sehr nachdenkliches Ensemble, das auch in einem sakralen Raum Platz haben könnte.
Die faszinierenden Installationen stellen eine perfekte Symbiose aus Form und Inhalt dar, die dem geschulten Auge des Fotokünstlers Uwe Piper zu verdanken sind.


 


Auch ohne diese formal ästhetische Reflektion der Kompositionen ist die persönliche sinnliche Wahrnehmung des Betrachters gleich entscheidend. Bei ausgiebiger Anschauung offenbart sich die Ambivalenz der Bilder, und es überrascht uns der leidenschaftliche Bildfänger Uwe Piper immer wieder mit seinen Entdeckungen und Bildverwandlungen.
Beim Durchwandern dieser Ausstellung fühle ich mich eingebunden in eine große Erzählung, und es kommt mir am Ende das abgewandelte Zitat von Bertolt Brecht, mit dem Reich-Ranicki das „Literarische Quartett“ beendete in den Sinn: „Und so sehen wir betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen“.
Wie schön, dass in diesen Arbeiten von Uwe Piper so viele Fragen offenbleiben und dass sie uns den Spielraum lassen, in sie hinein zu fantasieren.

                                                                                               Ingrid Trantenroth-Scholz